Sonntag, 28. April 2013

Graupelschauer aus den Achtzigern



Viele meiner Altersgenossen denken
Gerne zurück an die Achtziger
Als sie jung frisch und frei
Zu NDW- und Synthiepopklängen
Wilde Parties feierten und
Dachten die ganze Welt
Gehöre nur ihnen

Aber
In Wirklichkeit waren die
Achtziger eine einzige Katastrophe
Denn neben Da Da Da und
Schulterpolstern gab es auch
Ronald Reagon Leonid Breschnew
Margaret Thatcher Helmut Kohl
Und das waren noch
Die Harmlosesten

Die Achtziger
Das war
Die ständige Angst vor dem
Einen Atomblitz der
Die Welt in einem
Sekundenbruchteil
Pulverisieren würde

Das war der ständige Kampf
Mit dem Kreiswehrersatzamt
Das einem partout nicht glauben
Wollte dass man sein Leben
Nicht auf einem Schlachtfeld
Verlieren wollte und das nicht
Zögerte einem die Feldjäger
Auf den Hals zu jagen
Eine ganze Armee von
Drückebergern suchte die
Antwort auf die eine Frage
Was tun wenn man nachts im
Park auf einen Irren traf
Der nach dem Blut deiner
Freundin lechzte

Das waren Hausdurchsuchungen
Weil man einen kannte der
Einen kannte der einen kannte der
In einer Kneipe einen Bekennerbrief
Der RAF in der Radikal gelesen hatte

Die Achtziger
Waren rumlungern
Kippen sammeln und
Bier schnorren weil es
Selbst für solche mit Abitur
Keine Jobs gab noch
Nicht einmal als Straßenkehrer

Die Achtziger
Das waren Blut Schweiß und
Tränen die vergossen wurden
Wenn man nachts
Um sein Leben schrieb
Und Papierfetzen die
Man morgens im
Mülleimer entsorgte

Wenn ich an die Achtziger denke
Sehe ich graue Wolken
Graupelschauer schmutzigen
Asphalt und tote Bäume
Keine Sonne
Alles was strahlte war
Die Plutoniumfabrik am
Rande unserer Stadt

Die Achtziger
Das hieß durchhalten und warten
Und hoffen dass man
Überlebte
Was mir dabei half waren
Ein paar schlecht gedruckte Bücher
Und ein paar dutzend Songs
Von Razzia vielleicht
Die sich direkt ins Herz bohrten
Ohne einen Umweg über die
Ohren zu nehmen

Viele meiner Altersgenossen denken
Gerne zurück an ihre Zeit
Als sie jung frisch und frei
Waren sie hatten Extrabreit und
Kajagoogoo und tolle Frisuren
Jetzt haben sie einen Sklavenjob
Der ihnen das Leben zur Hölle macht
Und Geheimratsecken für die
Sie sich schämen

Ich schaue lieber nach vorne etwas
Älter nicht mehr ganz so frisch
Aber immer noch frei und
Die Songs in meinem Herzen
Nehme ich einfach mit in
Diese neue Zukunft auch
Wenn die Platten schon
Knistern und auch wenn es
Immer noch Verrückte gibt die
Die Welt in Flammen setzen wollen
Stelle ich fest das
Leben ist nicht schlecht auch
Wenn man als Haus nur eine Hütte ist


(Als Haus wärst du ne Hütte, Songtitel der Hamburger Punk Band Razzia aus dem Album Ausflug mit Franziska aus dem Jahr 1986)

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